Der Erfolg, der nicht lächelt

Wir jagen ein Bild, das selten unsere eigene Geschichte erzählt. Was, wenn der wahre Erfolg nicht auf LinkedIn lächelt, sondern sich im Stillen entfaltet? Eine Reflexion über den Preis der Perfektion und die Leuchtkraft der kleinen Entscheidungen.

KOLUMNE

Klara Spuren

10/31/20252 min lesen

Ein strahlendes Lächeln auf LinkedIn, der Blitz einer teuren Uhr am Handgelenk, die Zahl auf dem Konto, die eine imaginäre Ziellinie markiert. Erfolg. Das Wort hat sich in unseren Köpfen eingenistet wie ein goldener Käfig. Es ist laut, es ist glänzend, und es verlangt von uns, dass wir ständig beweisen, dass wir es verdient haben, es zu besitzen.

Aber wenn ich durch die Gassen unserer Stadt gehe, vorbei an den Schaufenstern, die Perfektion vorspiegeln, frage ich mich: Wem gehört dieser Erfolg eigentlich?

Wir sprechen selten über den Preis, den wir für ihn zahlen. Über die schlaflosen Nächte, in denen die E-Mail-Postfächer wie böse Geister aufleuchten. Über die Freundschaften, die im Terminkalender unter "optional" verschwinden. Oder über das dumpfe Gefühl im Magen, wenn die nächste Beförderung oder das nächste Projekt erreicht ist und sich nicht die erwartete, alles umfassende Freude einstellt.

Vielleicht ist das Problem, dass wir Erfolg als einen Zielort definiert haben und nicht als eine Reise. Ein Ort, der von aussen betrachtet werden muss, um seine Gültigkeit zu erlangen.

Es sind nicht die grossen Paukenschläge, die uns am Ende nähren, sondern die leisen Töne, die wir unterwegs überhört haben.

Ich kenne eine Künstlerin, die ihren Job in einer Bank aufgab, um wieder zu malen. Die Zahlen auf ihrem Konto sind kleiner geworden, aber die Leuchtkraft in ihren Augen ist grösser. Ihr "Erfolg" ist nicht messbar in Franken, sondern in der täglichen, tiefen Befriedigung, ihrer Berufung zu folgen. Sie hat den lauten Erfolg gegen einen stillen Erfolg eingetauscht.

Oder den jungen Handwerker, der sich weigert, seine Werkstatt in eine sterilisierte Fabrik zu verwandeln. Er weiss, dass sein wahres Kapital in der Qualität seiner Arbeit liegt, im Duft von Holz und dem ehrlichen Händedruck des Kunden. Sein Unternehmen mag nicht das grösste sein, aber es ist seins.

Echter Erfolg, so scheint es mir, entzieht sich der Statistik. Er liegt in der Ehrlichkeit zu uns selbst:

  • Was macht mich wirklich lebendig?

  • Wann fühle ich mich nicht nur beschäftigt, sondern erfüllt?

  • Wem diene ich mit meiner Arbeit? Dem Markt oder meiner Seele?

Es ist an der Zeit, das Scheinwerferlicht des Erfolgs von den glitzernden Fassaden wegzulenken und es sanft auf das zu richten, was tief in uns drin leuchtet. Vielleicht finden wir dort die mutigste Form des Erfolgs: die Erlaubnis, Mensch zu sein, mit allen Ecken, Kanten und dem Recht auf eine Pause.

Lassen wir den Erfolg lächeln, wann er will. Er muss nicht perfekt sein, nur echt.

Klara Spuren